Photos: Saskia-Marjanna Schulz

Sonntag, 7. Februar 2010

Aller Anfang ist schwer: Viele Stars hatten zu Beginn ihrer Karriere große Probleme

Wiesbaden - Weinerlich zumute war der kleinen Camille Javal beim Blick in den Spiegel. Sie fühlte sich wegen ihrer Kurzsichtigkeit, ihrer Brille und ihrer vorstehenden Zähne - sie hatte zu lange am Daumen gelutscht - als ausgesprochen hässlich. Obwohl sie lange eine Zahnspange trug, behielt sie aber ihre "Hasenzähne" denen sie ihren weltberühmten Schmollmund verdankt.
Aus dem "hässlichen Entlein" von einst mauserte sich später Frankreichs berühmteste Filmschauspielerin der 1950-er Jahre. Bei dem Mädchen mit dem bürgerlichen Namen Camille Javal handelte es sich nämlich um keine Geringere als um Brigitte Bardot, genannt "BB", die in ihrer Glanzzeit als eine neue Art von Sexsymbol galt."BB"s erster Film "Le Trou Normand" von 1952 erntete noch verheerende Kritiken.
Den künstlerischen Durchbruch schaffte sie erst in dem Streifen "... und immer lockt das Weib", in dem man sie braungebrannt und nackt sah. Bald waren die Anfangsbuchstaben "BB" ihres Künstlernamens so bekannt, dass sie diese gesetzlich schützen ließ.
Aller Anfang ist schwer - diese schmerzliche Erfahrung machten viele der 68 Schauspielerinnen, die in dem Taschenbuch "Superfrauen 7 - Film und Theater" (GRIN Verlag für akademische Texte) des Wiesbadener Autors Ernst Probst in Wort und Bild vorgestellt werden. Die einen trauten sich selbst nichts zu, anderen trauten Experten nichts zu.
Bette Davis (1908-1989), einer der größten weiblichen Hollywood-Stars, fiel bei der ersten Aufnahmeprüfung an einer Schauspielerschule noch durch. Doch danach schaffte sie die Aufnahme an der "John Murray Anderson Dramatic School" in New York, wo die renommierte Tanzpädagogin Martha Graham (1894-1991) ihre Lehrerin war.
Das erste Engagement an einer Bühne feierte Bette Davis in Rochester bei dem Regisseur George Cukor (1899-1983), der die ehrgeizige und eigenwillige Bette später hinauswarf. Danach arbeitete sie zeitweise als Platzanweiserin in einem Provinztheater. Gefeuert wurde sie auch vom "Universal Filmstudio" nach dem Flop mit dem Film "Bad Sister" (1930/1931).
Anders als ursprünglich geplant entwickelte sich die Laufbahn von Doris Day, einer der berühmtesten Leinwandheldinnen in Musicals der frühen 1950-er Jahre. Sie erhielt Ballettunterricht, trat bereits mit fünf Jahren in einem Restaurant auf und sollte auf Wunsch ihres Vaters Konzertpianistin werden. Doch nach der Scheidung ihrer Eltern lebte sie in bescheidenen Verhältnissen, nahm neben dem Schulbesuch Tanzstunden und betätigte sich als Amateurtänzerin.Das Tanzen musste Doris Day jedoch wegen der Verletzungen aufgeben, die sie mit 14 Jahren bei einem Autounfall erlitt.
Während ihres 14-monatigen Aufenthaltes im Krankenhaus begann sie zu singen und nahm bald darauf Gesangsunterricht. Damit wurde der Grundstein für eine Karriere als Sängerin und Filmschauspielerin gelegt.
Ein kleines schwedisches Mädchen namens Greta Lovisa Gustafson, das Menschenan-sammlungen hasste, die Einsamkeit liebte und oft allein in der Stockholmer Wohnung seiner Eltern in einer Ecke saß und sinnierte, avancierte als erwachsene Frau zur Kultfigur des Films: Greta Garbo (1905-1990), die "Göttliche", beeindruckte in Stummfilmen der 1920-er Jahre mit ihrer kühlen nordischen Schönheit und durch ihr Talent, Gefühle mit sparsamen Gesten auszudrücken.
In Hollywood zweifelte man anfangs noch am Talent der Garbo. Louis B. Mayer (1895-1957), der Mitbegründer des Filmstudios "Metro-Goldwyn-Mayer" (MGM), hielt sie zunächst für zu fett. Später waren er und andere Verantwortliche entzückt über das neue Gesicht. Doch manche Filmleute spöttelten über das Bauernmädchen mit den "großen Füßen".
Verkannt wurde zu Beginn auch Ruth Leuwerik, die später als Star des deutschen Nachkriegs-films und "Konigin des Melodramas" berühmt wurde. Als sie sich einer Prüfungskommission für Filmnachwuchs stellte, befand diese über sie, sie habe keine Stimme und zu wenig Ausdruck. Doch sie träumte weiterhin von einer künstlerischen Karriere, nahm privat Schauspielunterricht und setzte sich allmählich auf der Bühne und der Kinoleinwand durch.
Italiens berühmteste Filmschauspielerin der 1960-er Jahre, Sophia Loren, boxte sich vom bettelarmen Kind zum bewunderten Weltstar durch. Sie strafte mit ihrem Erfolg einen Freund Lügen, der meinte, sie habe eine zu lange Nase, einen zu großen Mund, viel zu breite Hüften und müsse sich ,,total umbauen lassen", wenn sie eine ernsthafte Schauspielerin werden wolle.
Unterschätzt hat man auch die Schauspielerin Agnes Fink (1919-1994), eine der größten Tragödinnen. Sie musste das 1938 in Frankfurt am Main an ,,Dr. Hoch's Konservatorium' begonnene Studium "wegen mangelnder Begabung' vorzeitig beenden. Der Direktor des Heidelberger Theaters, an dem sie im selben Jahr ihr Debüt feiern wollte, betrachtete sie als "das Untalentierteste, was ihm je begegnet ist" und schickte die 18-Jährige nach Hause.
Wenig Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Tochter hatten die gutbürgerlichen Eltern von Therese Giehse (1898-1975), einer der besten deutschen Charakterdarstellerinnen. Vater und Mutter wollten sie davon abbringen, zum Theater zu gehen, weil sie doch überhaupt nicht schön sei. Doch die schon früh eigensinnige Therese folgte ihrem eigenen Willen und finanzierte mit Büroarbeit ihren privaten Schauspielunterricht.
Die künstlerischen Ambitionen seiner Tochter behagten auch dem Vater von Leni Riefenstahl Deutschlands bedeutendster Regisseurin und Fotografin, nicht. Er hielt Tanz und Schauspielerei für halbseiden und erklärte, er werde ausspucken, wenn er jemals den Namen seiner Tochter an einer Litfasssäule lesen sollte.
Ungeachtet dessen trat sie von 1923 bis 1927 als Ausdruckstänzerin bei mehr als 70 Tanzabenden in In- und Ausland auf. Später wandte sie sich erfolgreich dem Film und der Fotografie zu. Obwohl der Vater, die Mutter, andere Verwandte, Freunde, Bekannte oder Macher aus der Film- und Theaterbranche nicht an sie glaubten, setzten sich viele talentierte Stars trotzdem irgendwann durch. Nicht immer aber wurden sie ihres Lebens froh. Manche bezahlten die Karriere mit Pech im Privatleben, Alkohol-, Tabletten- oder Drogenmissbrauch sowie körperlichen oder seelischen Krankheiten.